Eine (Zwischen-)Bilanz von KaPost-Herausgeber Rainer Kaufmann

Es wird mir jetzt so gehen wie Martin Fluch: Was fange ich ab sofort mit meinen Abenden an? Mit Ausnahme der zwei Bergfesttage in Serbien spielte sich 83 Tage lang an jedem Abend dasselbe Ritual ab: Dutzende von Klingelzeichen auf dem Handy und damit für mich und meine Umgebung die Gewissheit, Martin ist irgendwo angekommen und sendet mir Videos und Fotos vom Tage. Dann fast jeden Abend ein WhatsApp-Telefonat mit den wichtigsten Informationen über Standort und den Tagesverlauf, auch über Martins Stimmung und – gelegentlich – seinen Seelenzustand. Dann Download der Daten und Bearbeitung in Fotoshop und Video-Schnitt. Spät abends oder frühmorgens das Ergebnis auf dem Blog dieser Webseite posten. Pressemeldungen schreiben. Freunde informieren. Fragen beantworten. Facebook-Eintrag erstellen. Und was alles so dazugehört an der Heimatfront eines solchen Projektes.

Und ab jetzt dann das große Loch?

So einfach wird es nicht sein, dass wir beide uns sang- und klanglos von diesem Projekt verabschieden. Nach einer kurzen Pause wird es schon Ende September losgehen mit der Aufarbeitung der Masse an Fotos und Video-Clips, die ihrer Bearbeitung und Archivierung harren. Dann, so der Plan, wollen wir eine Film-Dokumentation schneiden und in verschiedenen Versionen veröffentlichen. Und natürlich auch ein Buch, denn das Material, das in den Festplatten in unseren Computern und in Martins Gehirn abgespeichert ist, schreit danach. Das Projekt also geht weiter für uns und für alle, deren Interesse wir wecken können.

Es geht auch weiter für die Kinderkrebshilfe Georgien. Für alle, die Martin und dieses Engagement unterstützen wollen, gilt: Das Sonderkonto des ERKA-Verlags, das ist die deutsche Redaktionsvertretung der Kaukasischen Post, wird noch mindestens bis 31.12.2018 geöffnet sein. Da die Kosten des Projekts nahezu gedeckt sind, wird ein Großteil der jetzt noch eingehenden Gelder direkt der Kinderkrebshilfe Georgien zugute kommen, für die Martin jetzt schon rund 2.000 € eingefahren hat. Es darf gerne viel mehr werden. Die KaPost wird spätestens zum Januar 2019 einen finanziellen Rechenschaftsbericht vorlegen.

Einen besonderen Dank sind wir allen Besuchern unserer Webseite „Vom Kaukasus zum Königstuhl“ schuldig. Im Schnitt haben uns täglich mehr als 400 Menschen besucht, in der Spitze waren es 1.000. Und bei den Seitenzugriffen kommen wir auf einen Schnitt von über 1.000, in der Spitze hatten wir 2.500 Seitenzugriffe an einem Tag. Die Arbeit an Martins Blog hat sich demnach für uns gelohnt.

Schade nur, dass sowohl die deutsche Wirtschaft als auch fast alle deutschen Institutionen in Georgien samt ihrer Vertreterinnen und Vertreter diesem einmaligen Projekt eines Landsmannes in und aus Georgien – gelinde gesagt – mehr als nur reserviert gegenüber standen. Vielleicht überlegt es sich der oder die eine oder andere jetzt, nachdem Martin Fluch seine Leistung abgeliefert hat, doch noch. Wie bereits geschrieben: Das Sonderkonto ist noch bis zum 31.12.2018 geöffnet.

Umso bemerkenswerter ist da die Anerkennung für Martin Fluch und seine Leistung durch den georgischen Botschafter in Deutschland, Elguja Khogrishvili. Den Wortlauf der Grußadresse des georgischen Botschafters finden Sie hier. Deutsche Institutionen in Georgien haben in den letzten Tagen eine ähnliche Stellungnahme mit der Begründung abgelehnt, Heidelberg befinde sich nicht in ihrem Amtsbezirk. Und das am Ende des deutsch-georgischen Freundschaftsjahres, das die Institutionen jetzt in Frankfurt wieder ganz groß feiern werden.

Der georgische Botschafter hat ganz sicher recht: Dieser Lauf war weitaus mehr als nur der Egotrip eines „Verrückten“. Es war ein ganz persönlicher Beitrag eines Mannes zur Sammlung der vielen Geschichten, die letztendlich die deutsch-georgische Freundschaft erzählen und mit Leben erfüllen. Beziehungen werden von Menschen gelebt, nicht von Institutionen. Beim Empfang am Heidelberger Schloss waren zufällig auch ein paar Passanten aus Georgien da. Und die haben die Botschaft dieses Laufs dankbar verstanden.

 

Kategorien: Martin's Logbuch