Wie ein Rückblick, ohne salzig zu erstarren und auch ohne Zorn

831 Kilometer liegen nun hinter mir, etwas mehr als ein Sechstel der Gesamtstrecke ist absolviert. Und das in 15 Tagen. Ich bin im Soll! Habe aber noch eine lange Strecke vor mir.

Vor 30 Tagen hatte ich noch die gesamte Strecke vor mir, Planungsvorbereitung, nebenbei Schule und Abschlussnoten, Familie und dazu noch ganz andere Sorgen.

Denn am 20. Mai, einem Sonntag – das Training war in den letzten Tagen sowohl von der Trainingszeit, als auch von der Kilometerbelastung langsam und gut überlegt erhöht worden – war es passiert.

Nach 16 Kilometern Nachmittagstraining skatete ich im neuen Zentrum Batumis auf Gehwegen entlang und an einer Polizeistation vorbei. Vor der Tür neugierig grinsende Polizisten. Ich lass mich ablenken, vor mir kreuzt ein kleiner Junge meinen Weg, ich will ausweichen mit einer zu hektischen Bewegung. Falsch! Denn ich setz mich dabei nach hinten ab. Extrem falsch!

Die Schmerzen, stumpf, aber sich mit beindruckendem Druck verbreitend, kriechen langsam, aber unaufhaltsam vom Hinterteil bis ins Hirn.

Mir war eigentlich gleich klar, dass das nicht einfach so ne kleine Hautabschürfung war. Sonnenklar. Und ich dachte sofort an den Lauf „Vom Kaukasus zum Königstuhl“, der drei Wochen später starten sollte, für den schon viele Leute Geld gegeben hatten, die auf diesen Lauf warten und auf den Sponsoren vertrauten. Ich dachte an all die Konsequenzen, die es hätte, wenn ich jetzt öffentlich machen würde, dass ich eine nicht zu unterschätzende Arschverletzung hatte.

Aber anders als die Fußballspieler, die Profis, habe ich nicht öffentlich auf dem Platz, respektive dem Gehweg, und vor allem nicht in den sozialen Netzwerken geflennt. Zwar kein entspanntes Sitzen, kein auf dem Rücken liegen, kein richtiges Gehen mehr, kein schmerzfreies Husten und auch die Notdurft – schmerzhaft. Alles mit mir selber ausgemacht, mit mir und meinem Dickschädel.

Nach sieben Tagen erst ließ ich auf Anraten eines befreundeten Orthopäden Röntgenaufnahmen machen. Deformation des Steißbeins, kein Bruch zwar, aber ein Riss sei erkennbar. Relatives Glück im Unglück, aber der Schmerz blieb.

Nach 14 Tagen dann wieder Aufnahme des Trainings. Und auf den Skates war es dann auch fast weniger schmerzhaft als auf Schusters Rappen.

Schmerztabletten halfen und zur schnellen Regeneration Ubiquinol. Besser noch als legales Doping!

Auch heute Abend spüre ich, nach absolvierten 47 Kilometern, Schmerzen. Mittlerweile erträglich, aber diese Schmerzen, die mein steter Begleiter sind, sind wie ein treuer Freund, der mich stets mahnt, vorsichtig zu sein. Und wenn ich bis dato diese ersten 831 Kilometer mit diesem Arsch geschafft habe, dann schaffe ich die anderen, geschätzten 3.600 km auch noch.

Und eins weiß ich jetzt ganz genau: Fußballprofis sind Warmduscher, Beckenrandschwimmer. Sollten eigentlich, für jede in der Öffentlichkeit vergossene Träne ein Monatsgehalt in die Jammerlappen/Piens-Kasse abgeben.

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